Vorwärtsschauen in Corona-Zeiten, ein zuweilen nebulöses Unterfangen. Drum schaut Renata grad lieber mal ein bisschen zurück. Zum Beispiel auf den
November 2012: Take a Walk on the Wild Side/Lou Reed in der Villa Renata
Lou Reed, Urgestein der Rockgeschichte, musikalischer Avantgardist im schwarzen Outfit. Der mit dem starren Gesicht und den poetischen Texten. Das Idol einer Generation, das unvergessliche Songs komponiert hat. Lou Reed hat zugesagt, dass er am 8. Und 9. November 2012 in der Villa Renata vor Ort sein wird, um die Fotos aus dem neuen Bildband zu präsentieren. Wir tun (fast) alles, um das unsererseits möglich zu machen. Und sind auf (fast) alles gefasst, was dabei herauskommen mag.
So hat Renata damals den Auftritt des amerikanischen Künstlers im Off Space Villa Renata beworben. Denn sie wussten nicht, was sie tun, wäre auch ein passender Titel gewesen. Aber genau diese Erfahrungen sind ja oft die nachhaltigsten: die spontanen, wenig planbaren.
Wir hatten damals einen Zürcher Galeristen mit Schwerpunkt Fotografie um seine Meinung zum Vorhaben gebeten: Ob er selber das machen würde, eine Ausstellung mit Fotoarbeiten von Lou Reed? Das könne er sich nicht erlauben, antwortete der Kurator: Die fotografische sei mit der musikalischen Kunst des Stars nicht vergleichbar. Aber wenn er Renata wäre – damals frisch und unverbraucht, ein Kunstraum dessen Profil es war, kein Profil zu haben – dann würde er das selbstverständlich wagen!
Bis kurz vor 21h am Abend des 8. Novembers wussten wir nicht, ob Lou zur Lesung kommen würde. Zwar war er Tage zuvor mal kurz im Haus aufgetaucht. Die Stimmung war mehr als frostig. Im Grunde gar nichts, was wir taten oder sagten fiel auf Gehör des Meisters. Mit eingezogenen Hälsen richteten wir das Haus her, bauten die Bühne auf für Lous Lesung, bestellten ein Essen nach strengem Diätplan für den Star.
Aber: Schlussendlich fuhr die schwarze Limousine vor. Die Leute applaudierten, Lou betrat den Raum, die Bühne. Ein bisschen schaute er aus wie ein sehr verletzter Mensch, ein missmutiger aber auch.
Hunderte kamen, die Leute drängten sich, um ihr Idol zu sehen und seiner stoischen Interpretation von Poes Raven zuzuhören, die wir per Video an die Mauer im Garten projizierten, damit auch die draussen vor der Tür einen Blick auf die Legende werfen konnten. Sogar Zürcher BesucherInnen kamen, Bice Curiger meinte lächelnd in die Kamera des Lokalfernsehens, dass ja richtig was los sei hier in Basel! Und zog alsbald mit Freundin und dem Star am Arm von dannen. Das wunderbar hergerichtete Diät-Catering wurde links liegengelassen und schlussendlich vom Staff verzehrt. Es war sehr gut und reichte für alle.
Ja klar, würden wir wieder machen. Aber anders. Und Lou Reed ist ja auch nicht mehr da.