Mesa Renata

Mesa Renata

Als die Thuja im Garten fiel, war der Möbelschreiner circa 11'000 Kilometer entfernt auf der Isla im Delta von Tigre/BA daran, einen Wasserturm zu bauen. Der Schreiner mag grosse Dinge, handle es sich dabei um Gebäude, Möbel, Werkzeug.

Der Mann, der die Thuja fällen würde, hat zwangsläufig mit grossen Dingen zu tun, mit Bäumen ja nämlich. Ende März hatte er ziemlich viel zu tun: das ist der Zeitpunkt, an dem noch letzte Bäume gefällt werden können, bevor dies untersagt wird wegen dem Nisten der Vögel. Der Mann also war ausgelastet, und jetzt auch noch diese Thuja! Der Mann kletterte den Baumstamm hoch, der sich bedenklich zu neigen anfing, hin und her, je näher der Mann der Baumspitze kam und die Motorsäge ansetzte. Er schnitt den Baum von oben in Stücke. Als Mann und Baum am Boden waren, schüttelte Ersterer den Kopf: er war kaum davon zu überzeugen, dass die gefallenen Trämel liegen bleiben sollten. Einen Baum im Garten herumliegen zu lassen schien ihm geradezu anstössig. Das sagte er nicht, er sprach sowieso so gut wie gar nicht, jedoch liess keine seiner Gesten den geringsten Zweifel daran, dass er nur einen Ausweg sah, dem Baumfall ein würdiges Ende zu setzen: Kleinhäckseln, das Zeugs, und abtransportieren. Der einstmals stattliche Baum- gut 100 Jahre alt war er geworden - verblieb jedoch – in Stücken- im Garten. Die fast sechs Meter langen Stämme lagen wie ein Haufen übergrosser Streichhölzer, die aus einer Riesenschachtel auf den Waldboden gefallen schienen. Das Holz duftete stark. Ein Natur-Artefakt als Symbol der damaligen Ausstellung „Gefällt“, in der wir das Scheitern zum Thema machten.

Übers Jahr im anderen Sommer: Die Thuja liegt geschnitten und geschichtet wenige Meter entfernt von ihrem langjährigen Stammplatz. Prächtige Bretter, Wellbleche schützen sie vor Wind und Wetter. Gleichwohl sollte das wunderbare Holz verarbeitet werden. Der Schreiner, zurück aus Südamerika, befachäugt das stattliche Holz und willigt ein, einen Tisch für den Garten der Villa zu zimmern. Es würde ein grosser werden. Bald werden Bretter umgeschichtet, aufgebockt, abgemessen, zersägt, abends werden Zimmermann und Gehilfin bekocht. Zwei(!) Tage und einige Gewitter später: das erste Mahl am neuen Möbel im Garten: Mesa Renata, 3.80 m lang und 90 cm breit, im Wäldchen hinter dem Steinhügel. Als wäre er nie woanders gestanden.